Feuerschaden Bad Goisern ab dem Jahr 1892
Im Spätherbst 1890 fanden auf Veranlassung des Arbeiter-Bildungsvereines Beratungen und Verhandlungen mit den Vertretern der alten Bauern-Asskuranz und den anderen Goiserer Selbsthilfevereinen wegen der Gründung eines Feuerschaden-Versicherungsvereines statt, bei dem sich die Mitglieder nach Schätzwert ihrer Baulichkeit versichern lassen könnten. Es dauerte noch fast zwei Jahre, bis am 18. Mai 1892 die konstituierte Versammlung des Feuerschaden-Versicherungsvereines, an der 160 Interessenten teilnahmen, stattfinden konnte. Die alte Bauern-Assekuranz löste sich offiziell auf, "sie ging faktisch in den Feuerschaden-Versicherungsverein über", berichtet der Gemeindechronist Franz Laimer aus jener Zeit. Schon am 10. Juni 1892 lagen genügend viele Beitrittserklärungen mit einem Versicherungswert von 400.000 Gulden vor, sodass mit diesem Tag die neue Feuerversicherung wirksam werden konnte. Für je hundert Gulden musste zunächst eine Jahres-Versicherungssumme von zehn Kreuzern entrichtet werden, um einen Reservefonds anlegen zu können. Mit den Zinsen des jährlich steigenden Reservefonds konnte der erste "Abbrändler" im Jahre 1900 mit einem kostendeckenden Betrag von 1500 Gulden entschädigt werden.
In jener Zeit gab es in Goisern schon mehrere freiwillige Feuerwehren und zwar jene im Dorf Goisern (seit 1877) und die Feuerwehren St. Agatha (seit 1879), Ramsau (seit 1888), Weißenbach (seit 1892). Später folgen auch in anderen Ortschaften im Goiserertal noch Feuerwehrgründungen, von denen in der Zeit nach 1945 einige wieder aufgelöst wurden, als die Motorisierung und die Technisierung des Feuerwehrwesens die Zusammenlegung der kleineren mit den größeren freiwilligen Feuerwehren begünstigte. Der Feuerschaden-Versicherungsverein hat unter dem Motto "Vorbeugen ist der beste Brandschutz" auch das Feuerwehrwesen im laufe der vergangenen hundert Jahre nach seinen Möglichkeiten jeweils unterstützt.
Im Rechnungsabschluss des Jahres 1913 war das Vereinsvermögen auf rund 51000 Kronen angewachsen. Es bestand vorwiegend aus Spareinlagen und aus Wertpapieren. Dem Verein gehörten damals 977 Mitglieder an, die ihren Realbesitz beim einheimischen Verein versichert hatten. Während des ersten Weltkrieges wurden keine Fondseinzahlungen (Prämien) vorgeschrieben. Die während dieser Zeit entstandenen Brandschäden konnten aus den Zinsen der in den Jahren 1892 bis 1914 angesparten Gelder befriedigt werden.
Im Frühjahr 1919 wurden wieder Fondseinzahlungen vorgeschrieben und wegen der Geldentwertung prozentuelle Erhöhungen aller Versicherung durchgeführt.
Erst die gewaltige Geldentwertung (Inflation) in der Nachkriegszeit (1919 bis 1923) brachte den Feuerschadenversicherungs-Verein Goisern in Schwierigkeiten, weil das in Sparbüchern, Kriegsanleihen und anderen Wertpapieren angelegte Vereinsvermögen fast wertlos geworden war. So machte die immer weiter fortschreitende Inflation außerordentliche Maßnahmen des Vereines erforderlich. Nach vielen Beratungen behalf man sich schließlich mit der Gründung einer wechselseitigen Selbsthilfevorsorge, bei der die Mitglieder nach Brandschäden durch Robotleistungen und Materiallieferungen oder durch Geldzahlungen, die nach dem jeweiligen Stand der Inflation valorisiert wurden, gemeinsam den Wiederaufbau abgebrannter Bauobjekte ermöglichten.
Am 1. März 1925 trat die mit dem 12. Dezember 1924 eingeführte Schillingwährung in Kraft. Damit war die Inflationszeit, die viele Vorkriegssparer und Zeichner von Kriegsanleihen und anderen Wertpapieren beinahe an den Bettelstab gebracht hatten, zu Ende. Auch die Kronenwährung hörte auf. Für 10000 Papierkronen, die in Friedenszeiten für kleine Sparer fast ein Vermögen bedeuteten, erhielt man nur noch einen Schilling (= 100 Groschen). 14100 Papierkronen hatten am Höhepunkt der Inflation nur den Wert einer Goldkrone.
Nach der Einführung einer stabilen Schillingwährung konnten die Brandschadenversicherungen wieder auf einen wahren Wert gebracht werden.
Dem Goiserer Feuerschaden-Versicherungsverein traten immer mehr Mitglieder in und auch außerhalb der Gemeinde bei, auch seine Reserven entwickelten sich sehr günstig. Als in den Dreißigerjahren (1933 bis 1937) die öffentlichen Kassen des Bundes, der Länder und der Gemeinden durch die starke Arbeitslosigkeit und durch den teilweisen Zusammenbruch von Wirtschaft, Handel und Industriebetrieben in große Schwierigkeiten gerieten, kam die Gemeinde Goisern wie viel andere auch, in eine arge Geldnot. Im Jahre 1937 konnte der Feuerschaden Versicherungsverein der Gemeinde, als sich eine Ebbe in ihrer Amtskasse stark fühlbar machte, aus seinen Rücklagen ein Darlehen von 50000 Schilling auf unbestimmte Zeit gewähren, damit die Gehälter und die sonstigen öffentlichen Auslagen überhaupt entrichtet werden konnten. Diese Summe hätte in der damaligen Zeit ausgereicht, einige Häuser oder Grundstücke zu erwerben. Die Rückzahlung dieses Betrages erfolgte seitens der Gemeinde erst im Kriegsjahr 1944, umgerechnet in der Höhe von 33.333,-- Reichsmark.
Kritisch wurde die Lage für den Feuerschaden-Versicherungsverein im Herbst 1938. Nach dem Anschluss Österreichs an Deutschland im Frühjahr 1938 war eine Überleitungsstelle für die 67er-Vereine mit versicherungsähnlichen Einrichtungen in der Ostmark in Wien errichtet worden, die feststellen sollte, ob die in Österreich tätigen örtlichen Versicherungsvereine, die im neunzehnten Jahrhundert gegründet wurden, überhaupt noch lebensfähig sind und in der Lage wären, in Schadenfällen ihren Pflichten gegenüber den Mitgliedern nachkommen zu können. Offenbar hatten größere Versicherungsgesellschaften damit spekuliert, das Vermögen des Feuerschadenvereines in Goisern zu übernehmen und dessen Mitglieder als einzelne Versicherungsnehmer zu gewinnen.
Es ist noch eine Abschrift eines Briefes im Archiv des Vereines vorhanden, die beweist, dass die damaligen Funktionäre des Feuerschaden-Versicherungsvereines Goisern sich gegen dieses Ansinnen gut zu wehren wussten. Sie konnten zum Beispiel nachweisen, dass ihr Verein ein Objekt bis zu 40.000 Schilling, das sind 26667 Reichsmark, in Deckung nehmen kann, was in Gebirgsgegenden hinreichend ist. Der Verein hat auch die schweren Zeiten der Inflation gut überstanden, hat bei Liquidierungen von Brandschäden nie die geringsten Schwierigkeiten gehabt, auch verfüge er (1939) über mehr als 100.00 Reichsmark die mündelsicher angelegt sind.
Am 8. Juli 1939 kam von der Überleitungsstelle in Wien der erhoffte Bescheid: "Der Verein wurde in der Sitzung des Bewertungsausschusses überprüft, und hiebei festgestellt, dass er auf Grund seiner Mitgliederzahl, seines Vereinsvermögens und seiner Rückversicherung als lebensfähig zu bezeichnen ist. Dem Weiterbestand steht somit nichts im Wege".
Von den Mitgliedern und den Funktionären des Vereines wurde dieser Bescheid mit großer Erleichterung aufgenommen.
Der Gemeindechronist Franz Laimer schrieb hierüber in seiner Ortsgeschichte folgende Anmerkung, die als "goldene Worte" über den Feuerschaden-Versicherungsverein Goisern auch heute noch zutreffen: "Der Feuerschaden-Versicherungsverein in Goisern ist eine Schule der Disziplin, ihm ist es zuzuschreiben, dass hier sehr auf Feuergefahr geachtet wird und dass so wenig wirkliche Schadenfeuer vorkommen. Denn die Mitglieder des Vereines, die allesamt zu Schaden kommen, wenn eine Feuerbrunst eintritt, haben auch ein großes Interesse daran, dass allgemein auf Abstellung alles dessen, was feuergefährlich ist, gesehen wird!"
Nach dem Ende des zweiten Weltkrieges durch den krisenhaften Währungsverfall erlitten neuerlich die gesparten Reserven des Feuerschaden-Versicherungsvereines starke Wertminderungen.
Der erste Teil einer dringlichen Währungsreform wurde schon vom 13. bis 20. Dezember 1945 durchgeführt. Der Schilling wurde wieder gesetzliches Zahlungsmittel. Die Reichsmark wurde im Verhältnis 1 : 1 umgetauscht, pro Person wurden jedoch nur 150 Reichsmark gegen neue Schillinge umgewechselt, das alte Geld wurde auf Sperrkonten belassen. Bis April 1945 entstandene Konten wurden zu 60 Prozent gesperrt; 40 Prozent waren in Ausnahmefällen - für die ein Dringlichkeitsnachweis zu erbringen war - verfügbar. Im Dezember 1947 erfolgte die zweite Währungsreform, mit dem Ziel, den Geldumlauf neuerlich zu verringern. Pro Kopf der Bevölkerung wurden wieder 150 Schilling im Verhältnis 1 : 1 umgetauscht, weiteres Barvermögen wurde über Nacht um zwei Drittel seines bisherigen Wertes verringert. Alte Guthaben bei den Banken wurden ebenfalls um zwei Drittel ihres Nominalbetrages abgeschrieben. In den unmittelbar darauffolgenden Jahren wu5rde durch Lohn- und Preisabkommen in die Währungspolitik entscheidend eingegriffen.
Nach der Wiederherstellung normaler Geldwerte war der Verein im Jahre 1953 in der Lage, ein eigenes, sehr günstig an der Bahnhofstraße gelegenes Heim für seine Geschäftsstelle mit einem Kostenaufwand von über 220.000 Schilling zu errichten.
In den ruhigen Jahrzehnten zwischen 1953 bis 2003 konnte der Feuerschaden- Versicherungsverein Bad Goisern - Kurzname Bad Goiserer Versicherung - durch eine solide Geschäftsgebarung günstig entwickeln. Durch Kulanz und die problemlose Hilfe seitens der Geschäftsführung bei Brandschadenvergütungen konnte er viele neue zufriedene Mitglieder gewinnen.
Andererseits konnten auch die Funktionäre des Vereines über gute Zusammenarbeit mit den versicherten Mitgliedern, die sich als pünktliche Prämienzahler, die stets für Versicherungsverträge nach dem richtigen Neuwert ihres Besitzes Verständnis zeigten, zufrieden sein. Maßnahmen für die Brandverhütung wurden nicht nur durch die Vereinsleitung sondern auch durch die Mitglieder nach Möglichkeit gefördert und beachtet.
Gegenwärtig gehören dem nun über 120 Jahre alt gewordenen Verein über 2000 Mitglieder an. Über achtzig Prozent aller Bauobjekte in der Gemeinde Bad Goisern, sind bei der Bad Goiserer Versicherung versichert. Durch eine ausreichende Rückversicherung bei der Oberösterreichischen Versicherung in Linz ist eine erforderliche Entschädigung der Versicherten bei künftigen Schäden vollauf gesichert.